Freitag, 18. März 2022

Ich bin mein eigenes Problem … und das ist auch gut so?!

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Ich bin mein eigenes Problem … und das ist auch gut so?!

Eben rief mich ein Bekannter an. Wir sprachen eine Weile über dies und jenes, bis dann … das leidige C-Thema doch kam. Ja, ich weiß schon seit Längerem, dass ich nicht nur bei diesem Thema zu einer winzigen Minderheit der »Verrückten«, der »Vollidioten« gehöre, die (immer noch) Fragen stellen, Zweifel haben, ja vieles »Selbstverständliche« als das genaue Gegenteil davon empfinden. Einer von den Außenseitern, die dumme Fragen stellen, wo doch alles klar ist. Völlig und unbezweifelbar klar. Nun, deswegen gibt es diese Seite hier überhaupt. Hier bin ich Rufer in der Wüste; noch darf ich’s sein.

Lassen wir das. Ich habe es schon zu oft thematisiert, und ich bin inzwischen müde. Ist auch eine Altersfrage. Es ist ein Unterschied, mit Mitte zwanzig oder auch noch mit Mitte dreißig Don Quichotte im Kampf gegen die Windmühlenflügel zu spielen als mit Mitte sechzig. Diese schier unendlich scheinenden Energien habe ich nicht mehr. Und längst auch nicht mehr den Glauben daran, irgendwas nennenswert verändern zu können. Die Welt ist wie sie ist. Es steht mir zudem auch nicht zu. Ja, es wäre geradezu anmaßend. Wenn’s mir hier nicht passt, muss ich eben gehen. Mehr gibt’s nicht.

Und ich glaube auch, dass das Entsetzen meines Gesprächspartners echt war, als ich dann weiter ins Detail ging, ja anfing zu argumentieren … Und als ich schließlich dann auch noch eine Meinung zum Ukraine-Krieg äußerte, die gar nicht geht, war mein Tritt ins Fettnäpfchen perfekt. Nein, ich bin keinesfalls blind »pro-Putin«. Aber ich sagte, dass das Ganze doch ein Bisschen vielschichtiger sei als wir hier überall hören und sehen – und ich verstehen könne, was passiert, ohne es gutheißen zu können. Was wir hier tun müssten sei gleichermaßen beide Seiten zu sehen und entsprechend energisch daraus folgende Schritte anzumahnen anstatt einseitig die russische Seite zu verteufeln.

Ich habe mich damit gnadenlos ins Abseits manövriert – gleich doppelt: Ich bin nicht nur »C.-Skeptiker«, sondern auch »Putin-Versteher«. Der Graben, der mich von der überwältigenden Mehrheit meiner (Ex-)Freunde und (Ex-)Bekannten trennt ist tief – in den meisten Fällen so tief, dass kein konstruktives Gespräch mehr möglich ist: Wir leben sprichwörtlich in verschiedenen Welten. Und dass das so ist, ist meine ganz eigene Schuld.

Denn natürlich – ich hätte mich längst »impfen« und »boostern« lassen können. Und was sind schon die paar Tests, die für »2G plus« gefordert werden? Und ja, man kann doch eine Maske tragen. Ein kleines Zugeständnis – ist doch zum Schutz von uns Allen: Ich könnte mich ja »nicht so anstellen«. Und ja, die Impfpflicht … Na, wenn sie kommt, dann wird doch das ganze Gezerre aufhören. Da weiß jeder, was Sache ist. Dann ist es klar: Wer nicht mitmachen will, soll dann sprichwörtlich zahlen – wenn’s sein muss, bis zur Pleite. Und dann gibt’s nur Bürgergeld oder Sozialhilfe, wenn man »geimpft« ist. Völlig klar. 

Und Putin muss gestoppt werden! Ihm mal zuhören und das Ganze im Kontext sehen und dann schauen, was zu tun sei? Das ist doch völlig hirnrissig! Das ist ein Verbrecher, der auch so behandelt werden muss! Und eine Vorgeschichte dazu soll es da in der Ukraine gegeben haben? Wieso interessierst du dich jetzt dafür? Was soll das denn? Alles Andere, all die früheren und noch laufenden anderen Kriege sind dir doch auch am Arsch vorbeigegangen! Also, wieso das jetzt? Auf welche schrägen, durchgeknallten Leute hörst du da? Das ist doch völlig Panne! Du schadest nur dir selbst damit, schneidet dich vom Leben ab!

Ja, stimmt. Ja, ich bin es, der einzig und allein daran schuld ist, dass mein Sozialleben inzwischen komplett auf Sparflamme läuft. Es ist allein meine Entscheidung. Wenn ich »geimpft« und zudem überzeugt wäre, dass Putin ein Wiedergänger Hitlers oder noch Schlimmeres sei, dann könnte ich wieder am sozialen Leben teilhaben. Dann würden sich mir wieder viele Türen öffnen, die jetzt verschlossen sind. Es ist meine Entscheidung, das anders zu sehen und zu handhaben, mit Allem, was daraus für mich und mein Leben folgt.

Diese Sanktionen meiner Umgebung habe ich mir selbst zuzuschreiben. Doch warum mache ich das? Wieso? Was habe ich davon? Ist es Egoismus? Extremer Narzissmus? Selbstzerstörerische Sturheit und Verbohrtheit? Ignoranz? Völlige Blindheit? Die Aufzählung ließe sich weiterführen. Ja, an Allem ist sicher was dran. Und all das sind Merkmale eines Menschen, den man gemeinhin als »schlecht, unreif, egozentrisch« bezeichnen würde.

Also: Wieso mache ich so was dann? Wieso bin ich quasi bewusst ein »schlechter« Mensch? Ich habe fast nur Nachteile davon. Oder gibt es auch Vorzüge, oder so was wie einen Gewinn? Und wenn ja, welchen? Welchen Gewinn habe ich davon, nicht mitzumachen, wenn es heißt, dass zwei mal zwei jetzt fünf (oder 4,9 oder auch 4,5 – als »goldener Mittelweg«) sind? Immerhin finden ja noch rege Diskussionen statt, etwa darum, ob es jetzt 5,1 oder 5,12 oder doch nur 4,9776 sind. Und ja, 4,5 wird doch auch geduldet. Daran sieht man doch, dass die Demokratie quicklebendig istwo ist das Problem?

Ja, wo ist dabei das Problem? Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Oder besser: Ich konnte es meinen Bekannten nicht erklären. Nun, es »Ich weiß es nicht« zu nennen ist nicht ehrlich. Ich »weiß« es (so weit ich überhaupt etwas wissen kann), doch ich kann es nicht erklären. Wenn mein Gegenüber die Welt so anders sieht als ich, wird das schwierig. Denn es gibt keine Worte dafür.

Ich weiß, ich wiederhole mich mal wieder. Nun, ist leider so. Für mich zumindest. Vielleicht kann es jemand anders in Worte fassen; ich schaffe das nicht. Interessanterweise habe ich jeweils zumindest eine Ahnung, wie mein Gegenüber »tickt«. Doch umgekehrt? Wenn ich einen bestimmtes Maß an Verunsicherung bei ihm ausgelöst habe, kommt in der Regel ein ganz klares, oft barsches »Stop«-Zeichen. Die Zugbrücke geht hoch: Ich bin der Unwissende. Sie wissen. Ende.

So bleibt mir die Stille meines Alleinseins, oder, wenn es mir mal wieder nicht so gut geht, meiner Einsamkeit. Dann treibt mich die Frage um, ob es das, was ich da spüre (und in einer Begegnung ersehne) überhaupt gibt, oder ob das nicht nur ein Konzept, eine fixe Idee, ein Hirngespinst ist. Wenn es mir wieder besser geht, dann bin ich damit versöhnt – selbst wenn mir dabei klar ist, dass ich es möglicherweise in diesem Leben nicht mehr finden werde.

10 Kommentare zu »Ich bin mein eigenes Problem … und das ist auch gut so?!«

  1. Sehr schöner Text.
    Das spricht mir aus dem Herz…Nein, falsch, aus der Seele.
    Lieben Gruß noch
    Der Viewer
    Ich habe ihn auch mehrfach weiterverlinkt…;-))

  2. Danke, auch fürs Verlinken! Nen herzlichen Gruß zurück!

  3. Ich bin einfach schon zu sehr abgestumpft. War schon vor über 10 Jahren zu sehr Misanthrop. Solche Gespräche hab ich mir schon vor Jahren nicht mehr gegeben, als der Maidan-Putsch unkritisch bejubelt und „die Griechen“ als faule Schweine entmenschlicht wurden, die angeblich ein Leben in Luxus auf den Lasten des armen Michels genießen würden; dabei floss die Kohle nahezu ausnahmslos an die Banken. Dann noch die Flüchtlingshetze – im Kern also immer dasselbe: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, mit dem Drang, zu „den Guten“ gehören zu wollen. Und sich dabei wie das allerletzte Arschloch zu verhalten.

    Mein Traum ist inzwischen auch nur noch die Auswanderung (gerne auch per politischem Asyl); die Bevölkerung dieses Scheißlandes ist schlimmer drauf als 1933 bis 1945.

  4. Ja, das alte Thema: Ingroup – Outgroup. Wer »gehört dazu«, wer nicht? Solange wir nicht kollektiv und überall lernen, damit anders umzugehen als bisher, haben wir als Spezies keine Chance, werden wir in einem Meer von Blut und Leiden versinken – und untergehen. Das zu lernen wäre der Evolutionsschritt, den wir bräuchten – statt neuer Smartphones und immer perfiderer Waffensysteme, auch psychologischer Art. Doch das wäre ein innerer Wachstumsschritt und zudem unvereinbar mit der mechanistischen »Homo Deus«-Weltsicht, die heute der Standard zu sein scheint.

    Ach ja – die überwältigende Mehrheit glaubt das, was ihr versprochen wird. Sie weiß, dass der Sprung in den Abgrund die Rettung ist (denke an das Bild mit den Schafen …). Sie wissen alle, dass sie fliegen können und dass alle, die das Gegenteil behaupten verrückt sind. Nun: Guten Flug!

    Es riecht mal wieder verbrannt hier, wie in letzter Zeit oft Abends – ein Omen?

  5. Moin, Hr. Grütering,
    es geht mir ganz genauso wie Ihnen, Sie sind NCICHT alleine. Ich hoffe das dieser Gedanke der daraus erwachsen kann, ein wenig wärmt und Ihnen Zuversicht bringt.
    Ansonsten war ich schon immer ein Arschloch, meine Mama sagte immer, Al wenn alle von der Brücke springen, musst Du das doch nicht auch tun!
    In diesem forrestischem Sinne,
    alles Gute und halten Sie durch.

  6. Vielen Dank für die guten Wünsche! Gleiches für Sie zurück! Ich bin gerade am Schauen, wie ich auf eine »halbwegs elegante« Weise meinen Arsch retten kann. Alles Gute auch für Sie!

  7. Mir gefällt der Text. Ich erkenne Parallelen zu mir. Warum ICH das mache, das Selbst-Denken, das Mit-Denken, das Hinterfragen, das Kritisieren? Ich sage mir selbst, dass ich dies tue, weil ich einfach nicht anders kann und noch ein Gewissen habe. Weil ich mir selbst abends im Spiegel noch in die Augen schauen können möchte.
    Jeden Tag frage ich mich, wo das Gewissen von 80% der Menschheit hingekommen ist. Wieso die Hörigkeit schon wieder in der Geschichte Deutschlands so alles überwältigend ist, dass dafür getötet wird (soziales Ausbluten-Lassen und Vereinsamen ist ein sehr grausamer Tod). Meine Antwort: Die meisten werden dazu erzogen und wollen lieber ein bequemes Leben. Sie sind nicht stark genug, die Wahrheit auszuhalten, also belügen sie sich lieber selbst.

    Ich wünsche allen hier auch alles Gute und viel Kraft! Wie ich meinen Arsch retten kann, versuche ich auch immer wieder für mich selbst herauszufinden. Mittlerweile wird es knapp für mich, aber heute erfuhr ich, dass 3G im Fernverkehr gefallen ist, so dass ich die nächste Zeit nochmal in die Niederlande fahren werde, um zumindest für einen Tag leben zu können. Auf lange Sicht geht meine Kraft aber dem Ende zu. Ich muss dauerhaft ins Exil und habe dafür leider immer noch keine Mitstreiter gefunden.

  8. Danke! Auch für die Wünsche für innere Kraft! Die haben wir alle nötig, aber ganz besonders diejenigen, die eben nicht mitmachen. Lassen Sie uns gerne in Verbindung bleiben, was das Auswandern angeht! Auch ich habe vor, demnächst mal ein paar Tage in die Niederlande zu fahren, um mal Luft zu holen – im übertragenen wie im ganz wörtlichen Sinne …

    Ich denke, wenn es gut geht haben wir nun ein paar Monate Zeit, die Dinge in die Hand zu nehmen, bevor es spätestens im Herbst richtig zur Sache gehen wird. Da bin ich inzwischen völlig desillusioniert.

  9. Ich kann das alles unterschreiben, was du sagst. Dazu gehört auch, dass ich es mir das Leben in meinem Alter (auch Mitte 60) anders, enspannter, vorgestellt hätte. Ich möchte zwar heute nicht mehr jung sein und mir tun vor allem die Kinder leid, aber trotzdem bedaure ich ganz egoistisch den Verlust auch meiner Lebensqualität. Da nützt es auch nicht soviel, den positiven Erinnerungen von Jahrzehnten nachzuhängen und dafür dankbar zu sein, so lange ein „normales“ Leben gehabt zu haben. Im Gegenteil, höre ich Musik aus den 80ern oder so, muss ich heulen. Vorbei für allemal, die Zeiten, die Leichtigkeit – auch wenn selbst damals nicht alles leicht war. Und nun auch noch die Kriegsangst. Ich halte alles für möglich angesichts unserer und anderer wahnsinnigen Regierungen. Kriege können auch „durch Zufall“ entstehen, manchmal reicht ein Wort zuviel, ein Funke. Und was das Auswandern betrifft, so kann man ja momentan gar nicht sagen, wohin, weil man nicht weiß, ob, wo, wie und in welchem Ausmaß der Great Reset durchgeboxt wird. Ich war immer eine Europareisende und habe gar keinen Bezug zu Afrika oder Südamerika oder Asien. Tja… Wie du schon bei mir schriebst: Wer Ideen hat oder auch von Erfahrungen anderer hört, sagt es. Unterstützen wir uns moralisch, wir brauchen das!

  10. Liebe Ute, ja, auch ich bin dankbar dafür, dass mir Jahrzehnte eines (relativ) freien Lebens vergönnt waren. So lange Frieden hier bei uns war schon lange nicht mehr, und Du und ich haben den größten Teil ihres Lebens davon erlebt. Ich bin fast auf den Tag genau zehn Jahre nach dem Tag geboren, an dem meine Mutter nur durch einen intuitiven Schritt den Volltreffer auf das Haus überlebt hat, in dem sie war. Es gibt sicher bei vielen der Kriegsgeneration solche Momente.

    Und natürlich, um den Krieg zu eskalieren reicht auch schon ein Missverständnis, oder im Extremfall ein falsches Wort. Es gibt zudem ja wirklich irre Leute, die eskalieren wollen – oder es zumindest billigend in Kauf nehmen. Und auch der »Great Reset« (seit Kurzem die sogenannte »Zeitenwende« – die Psychosprachdesigner lassen grüßen) läuft ja auf einen Krieg gegen uns alle hinaus. Teil eins (oder die »Ouvertüre«) hat ja schon stattgefunden, in Form von »Corona«.

    Was Du zu Musik sagst … Ja, auch mir ist aufgefallen: Es gibt heute kaum noch Musik, die mich »erreicht«. Das hat natürlich auch mit »Jeugdsentiment« zu tun, wie die Niederländer das nennen. Doch gerade die Popmusik spiegelt ja perfekt den Zeitgeist – na ja, zumindest das, was gerade »angesagt« ist. Aber das ist ein eigenes Thema …

    Wenn ich in Punkto Auswandern neue Ideen oder gar Pläne habe, lasse ich’s Dich gerne wissen. Doch so wie die Dinge stehen, wird in der Tat ein Wechsel des Kontinents angesagt sein …

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