Donnerstag, 11. April 2024
Was ist (für mich) guter Sex?
Was ist (für mich) guter Sex?
Was für ein Thema! Aber wieso denn das jetzt? Nun, ich habe inzwischen eigentlich alles rausgeschwurbelt, was mich sonst so beschäftigt, und nun mal wieder ein Anfall … Demnächst vielleicht doch noch was zu anderen Themen.
Also … Guter Sex ist für mich zu allererst mal Sex, bei dem ich gemeint bin und ich den Anderen meine. Will heißen: Ich – und er (respektive sie) als einzigartige Gegenüber, die sich begegnen, und das jetzt und hier. Natürlich spielen Vorstellungen und Fantasien dabei immer eine Rolle, doch das setze ich als gegeben voraus – bei mir genauso wie beim Anderen. Und wo wir gerade bei »gemein-t« sind: Natürlich geht es auch, dass wir dabei liebevoll gemein sein können miteinander. Wie heißt es doch so schön: »Was sich liebt, das neckt sich.« Es kann die Begegnung noch mal intensivieren, intimer machen. Und da wir schon dabei sind: Zumindest ein Anflug von Verliebtheit und natürlich mehr noch von Verspieltheit und großer Offenheit muss für mich schon dabei sein, dass es schön für mich ist. Selbst dann, wenn diese Gefühle nur für die Zeit unserer Begegnung da sein sollten.
Unsere ganze Sinnlichkeit und Gegenwart – unsere Haut, unsere Körper, … – »reden« in der direktesten und universellsten Sprache, die wir als diese Lebensform »sprechen« können. Es ist die Art, wie Leben kommuniziert, das Lebendige mit Lebendigem. Wie Leben sich ausbreitet – sowohl in Form von (möglichem) Nachwuchs, aber auch in Form von Frieden und Freundschaft, von gegenseitiger Wertschätzung, von Trost, Versöhnung, Liebe, und einfach getragen von einer unschuldig-direkten Neugierde: Wie fühlst du dich an? Wie riechst du? Wie reagierst du auf meine Berührungen? Und ich auf deine? Was macht es mit uns, uns gegenseitig dabei wahrzunehmen – unsere Lust und unsere Neugierde, unser Beider schneller gehenden Atem und die Töne, die er zu unseren Ohren trägt, aber auch deine und meine Unsicherheit und Verlegenheit? Lass uns auch eintauchen in tiefe Gefühle von Verbundenheit, Freude, Trauer, und, und … All das ist lebensbejahend, lebensfördernd – für uns selbst, für unsere(n) Partner, und damit indirekt auch für Alle, die mit uns und um uns herum leben. Wir verkörpern das Leben, Gott, den Kosmos – wie immer du das nennen magst.
Guter Sex ist eine ganzheitliche Erfahrung – körperlich, seelisch/psychisch und spirituell. Ja, vor Allem Letzteres meine ich wirklich ernst – ich betone es hier noch mal ganz bewusst! Er ist ein Geschenk, das wir uns durch unsere sinnliche und zugewandte Nähe gegenseitig machen können. Und das Schönste dabei ist: Wir haben es immer bei uns, es »kostet« uns nichts – außer vielleicht, uns unserer Unsicherheit und Verlegenheit zu stellen. Doch gerade das hat, wenn wir uns darauf wirklich gegenseitig einlassen, seine ganz eigene Schönheit. Und wir können es verschenken, ganz einfach, weil wir da sind. Einfach so. Das Einzige, was das Geschenk braucht, um Geschenk zu sein ist, uns einigermaßen gut zu (er)kennen: Was wir mögen und was nicht (nun, zumindest jetzt mit dir mehr, oder eben weniger), aber auch eine Offenheit und eine Neugierde füreinander, sowie echten Humor. Mit Letzterem meine ich einen Humor, der auch mich selbst mit einschließt – also die Möglichkeit, über mich selbst zu schmunzeln, ja zuweilen auch lauthals zu lachen …
Ohne diese Fähigkeiten wird es schwierig, überhaupt in Kontakt zu kommen – geschweige denn, ihn auszuweiten. Und »sich bedeckt halten«, »cool bleiben«, »nach Schema F« zu handeln mag zwar »körpertechnisch« funktionieren. Zumindest mir wird das aber nur Frust bzw. einen »Psychokater« bringen, wie ich das nenne. Habe ich bereits zu oft probiert: Das wird nix. Falls sich das bereits früh abzeichnet, lasse ich das daher schon seit Längerem gleich.
Ich weiß – damit stehe ich im Widerspruch zum Zeitgeist, der alles leicht konsumier- und kontrollierbar haben will. Und auch immer »gut aussehend«. Nun, das alles gilt vielleicht weniger explizit, dafür aber umso nachdrücklicher implizit. Oh je, ich vergaß – heute gibt es »implizit« ja nicht mehr: Alles, was nicht explizit erklärt und zugewiesen wird »gilt« nicht, ja existiert nicht.
»Ja, Firmen hören vielleicht auf zu produzieren. Aber das heißt doch nicht, dass sie bankrott gehen.« So formulierte das unser Wirtschaftsminister vor nicht allzu langer Zeit. Nein, dass ein Aus der Produktion den Bankrott einer Firma impliziere, das habe ich nicht gemeint. Daher: Solange ich nicht sage »Die Firma geht wohl pleite«, meine ich das nicht. Und man kündigt zum Beispiel bereits an, dass in naher Zukunft nur noch elektronische Zahlungen möglich sein werden. Aber wer behauptet, das bedeute, dass das Bargeld abgeschafft würde ist ein übler Verschwörungsschwurbler.
Solcherart Haltung ist vielleicht auch mit ein Grund dafür, dass so viele zumindest implizit für einen Krieg mit Russland sind. Denn dass man explizit für Waffenlieferungen an die Ukraine ist, bedeutet ja folglich keinesfalls auch implizit, was daraus auf verschiedenen Ebenen folgt. So zu denken ist heute üblich. Orwells »Doublethink« (auf Deutsch »Doppeldenk«) lässt grüßen. So ist doch alles sauber getrennt – in den Köpfen zumindest. Doch ob so was real funktionieren wird …?
Nun – dieser kleine Exkurs musste nun doch sein. Das, was ich oben meinte impliziert denn zumindest einen Widerspruch zum Zeitgeist. Ich habe hier meine Wünsche dazu einfach mal in Worte gefasst. Besser als nix. Und ich bräuchte es wohl kaum als Wunsch zu formulieren, wenn es denn so gut wie selbstverständlich wäre. Leider bleibt es wohl ein Wunschtraum, der mich immerhin manchmal in den Schlaf begleitet und mir ein wohliges Gefühl im ganzen Körper macht …
Diesen Nachtrag könnte ich im Grunde überall hier dazuschreiben, denn um genau dieses Thema geht es auf meinem »öffentlichen Klo« – mal mehr explizit und mal mehr implizit: Eben (15.7.24) las ich einen Artikel von Todd Hayen im Rahmen seiner »Shrew Views«-Kommentare. »We should know better« ist dieser überschrieben: »Wir sollten es [eigentlich] besser wissen«. Er schreibt, die Welt, in der wir heute leben sei in vielfacher Hinsicht toxisch – nicht nur im ganz wörtlichen, sondern auch im übertragenen Sinne. Da kann ich ihm nur zustimmen.
Und ja – auch aus meiner Sicht sind die Smartphones und die damit verbundenen Möglichkeiten der bislang größte einzelne Angriff in der Menschheitsgeschichte auf die menschliche Psyche. Ich müsste noch die vielen anderen technologischen »Errungenschaften« erwähnen, die dann auf den »Plätzen danach« folgen, doch ich belasse es erst mal dabei. Der Grund, warum ich mich für den Nachtrag an dieser Stelle entschieden habe ist, dass zumindest aus meiner Sicht unsere Sexualität ein ganz zentraler Aspekt unseres Menschseins ist. Die Transhumanisten sind zwar sehr daran interessiert, sie abzuschaffen (zumindest in dieser »dreckigen«, also lebendigen Form), doch noch gibt es sie. Allerdings inzwischen fast nur noch in Form einer Art Ware, die man sich aneignen kann.
Das, was an Pornografie zu bekommen ist, ist aus meiner Sicht ebenso toxisch wie viele andere inzwischen »normale« Verhaltensweisen. Die wenigen Ausnahmen, die ich »abgebildete/gefilmte Lust« nennen will, sind kaum der Rede wert. Wenn ich es denn tun wollte, dann müsste ich Stunden damit verbringen, auch nur eine Handvoll Fotos und/oder Videos in diesem Bereich zu finden, die meinem Wunsch entsprechen. Ich habe es ausprobiert und kann es deshalb so klar formulieren. Das, was heute den überwältigenden Teil der verfügbaren Pornografie ausmacht finde ich absolut destruktiv, in mehrfacher Hinsicht. Deshalb der Eintrag hier.