Dienstag, 9. März 2021
Zu unser aller Sicherheit
Zu unser aller Sicherheit
Applaus! Man darf wieder mehr einkaufen als für den unmittelbaren täglichen Bedarf. Doch einfach hingehen und … Nein, das geht gar nicht. Das war einmal und kommt nie wieder. Nein, auch nicht mal das Anstellen, um dann nach einer Stunde natürlich maskiert und mit einem Einkaufswagen als Abstandhalter bewaffnet eingelassen zu werden – auch wenn es nur eine Kleinigkeit sein sollte …
Nein, wir sind ein Stück weiter. Immerhin wird man eingelassen, wenn man zu Zeiten mit wenig Publikumsverkehr kommt, etwa am Vormittag direkt nach dem Öffnen des Geschäfts. Natürlich ist da nur ein Kunde, eine Kundin pro zehn Quadratmeter Fläche zugelassen. Es könnte ja jemand jemandem zu nahe kommen. Oder zu viel verseuchter Atem eines Anderen in der Luft sein. Alle sollen sich doch sicher fühlen!
Nein, man muss auch hier alle Kontaktdaten beim Betreten angeben. Es könnte ja sein, dass man mit jemandem Kontakt hatte, der oder die … Oh, das hat ja immerhin einen Hauch von »Alter Normalität«! Der Regelfall aber ist nun, dass man sich übers Internet einen Termin zuteilen lässt, wie bei einer Behörde. Selbstverständlich geht das nur unter Angabe aller Kontaktdaten, inklusive einer Handynummer. Alle Kontakte und Begegnungen müssen ja nachverfolgbar sein, zur allgemeinen Sicherheit. Nun, im Grunde haben wir es ja bereits mit einer Behörde zu tun. Doch noch heißt sie nicht so. Doch es ist von der Funktion her die Zentralbehörde für Sicherheit.
Und alle machen bereitwillig mit. Termin buchen. Hosen runterlassen, wer man ist. Und sich damit abfinden, sich nur in einem Zeitfenster von einer halben bis maximal einer Stunde im Laden aufhalten zu dürfen, selbstverständlich mit Maske und viel Abstand zu Anderen. Und demnächst wohl auch noch mit einer weiteren Bedingung: Einem »Schnelltest« und/oder einem Impf- oder »Immunitäts«-Nachweis. Und wehe, der Schnelltest ist positiv. Dann kommt noch ein obligatorischer PCR-Test, der durch die »Vorauswahl« höchstwahrscheinlich auch positiv ist. Das bedeutet dann Quarantäne. Zu unser aller Sicherheit.
Ja, das ist ein Vorgeschmack auf das, was noch kommen wird. Spontane Besuche, selbst bei Freunden und Bekannten, werden bald nicht mehr möglich sein, weil man sich sonst strafbar macht. Denn zu unser aller Sicherheit muss der Staat jederzeit wissen, wer sich wo mit wem trifft, natürlich unter Einhaltung der »Hygieneregeln«. Spontan im Freien treffen? Oh, das ist äußerst suspekt! Selbst wenn alle Masken tragen. Und schon bald wird der Besuch eines Restaurants, gar einer Kneipe (so es die überhaupt noch als kleine mittelständische Unternehmen geben wird) ohne Voranmeldung, komplette Kontaktdatenangabe und Hygienekonzept undenkbar sein. Die Preise dort müssen entsprechend ausfallen, denn im Grunde läuft das auf ein Treffen von wenigen mit Bedienung hinaus. Dann doch besser zu Hause – aber derzeit nur mit maximal fünf Personen aus zwei Haushalten! Beachten Sie die täglichen Änderungen! Zu unser aller Sicherheit!
Selbstverständlich hat der Inhaber des Etablissements darauf zu achten, dass die Maske (die selbstverständlich zertifiziert sein muss) nach der Aufnahme jedes Bissens und jeden Schluckes eines Getränks sofort wieder vor Mund und Nase geschoben wird. Andernfalls drohen hohe Geldstrafen. Und wenn die Zeit um ist, bleibt nur einpacken Lassen. Dann Gehen. Nein, ohne Registrierung dürfen die Freunde/Bekannten nicht mit nach Hause kommen. Es muss ja alles seine Ordnung haben. Zu unser aller Sicherheit.
So gut wie alle werden dabei sein und mitmachen. Manche sehr engagiert, die Mehrheit eher halbherzig. Na ja, muss ja alles sein. Zu unser aller Sicherheit. Das wollen wir doch alle, nicht wahr? Wehe, wenn irgend jemand krank wird. Wer ist dann dafür verantwortlich? Natürlich alle, die das Sicherheitskonzept und die Hygieneregeln nicht ernst genug nahmen. Die unser aller Sicherheit durch ihren Egoismus, ihre Rücksichtslosigkeit und ihr unsolidarisches Verhalten bedroht haben.
Eigentlich hatte ich mir meine letzten Lebensjahre anders vorgestellt denn sie in einer Art Massenmenschenhaltung zu durchleiden, isoliert und rundum kontrolliert, zu unser aller Sicherheit. Dies findet aber die Mehrheit offenbar gut und wichtig. Sie fühlen sich wohl damit. Ist ja zu unser aller Sicherheit. Na ja, sie fühlen sich … mithin ein Bisschen komisch, doch im Grunde ist es doch gut so, zu unser Aller Besten, nicht wahr? Ist doch zu unser aller Sicherheit.
Vielleicht sollte ich mich doch impfen lassen. Wenn ich Glück habe, ziehe ich das große Los und sterbe kurz darauf. Nein, natürlich nicht an der Impfung. Nee, reiner Zufall. Passierte halt. Bin halt schon in einem Alter, wo Vorerkrankungen … Traurig, kleiner, bedauerlicher Kollateralschaden. Aber letztlich ein kleiner Preis für unser aller Sicherheit. Und überhaupt: Einer weniger, der den Staat Geld kostet, anstatt Steuern zu zahlen. Irgendwie muss es ja gerecht zugehen bei uns, nicht wahr?
Die Zukunft gehört der Sicherheit.
Nachtrag 29.6.21 – … mit Sicherheit. Fast Alle wollen volle Kontrolle. Sie werden sie bekommen, und es wird sich für sie wie eine Befreiung anfühlen. Nur ein paar Spinner wie ich werden das anders empfinden. Freiheit ist Sklaverei. Wer hätte gedacht, dass dieser Satz aus Orwells »1984« mal gelten und den Willen der großen Mehrheit verkörpern würde?
15.1.22 – Wir sind inzwischen ein gutes Stück weiter. Der Impfwahn hat die meisten fest im Griff. Eine Impfpflicht wird mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen – die Politik und auch eine Mehrheit der Bürger will sie. Ja, wir werden solidarisch zur Hölle fahren. Wieder mal. Muss sein. Für unsere Sicherheit.
5.3.22 – Wer denkt, dass die Dinge sich »bessern« werden, dem sei gesagt: Unabhängig von dem, was der inzwischen begonnene Krieg in der Ukraine noch bringen wird, ist man in Deutschland voll auf »Pandemie«-Kurs. Mit großer Wahrscheinlichkeit kommt die allgemeine Impfpflicht ab dem 1. Oktober, und »Lauterbach warnt vor einer ›Sommerwelle‹«.
Zitat aus dem heute dazu erschienenen »Spiegel Online«-Artikel: »Lauterbach sagte, die Länder müssten die Möglichkeit haben, frühzeitig auf kommende Wellen reagieren zu können. ›Es sollte möglich sein, Obergrenzen für private Treffen und öffentliche Veranstaltungen festzulegen sowie Zutrittsregeln etwa für die Gastronomie, also 2G- oder 2G-Plus-Regelungen.‹ Die Instrumente sollten nur dann zum Einsatz kommen, wenn sie tatsächlich notwendig seien. Auch eine Maskenpflicht könnte weiter wichtig bleiben.« Aber natürlich werden all diese Instrumente zum Einsatz kommen. Schließlich geht Sicherheit vor! Und es werden fast alle mitmachen.
»Lasst uns in die Welt hinausgehen. Etwas Besseres als den Tod werden wir überall finden.« Ich werde mich bald auf den Weg machen, mit diesem Spruch der »Bremer Stadtmusikanten« im Herzen.