Donnerstag, 19. November 2020

Gedanken zum Abschied von meiner Lieblingskneipe …

Kommentieren

Gedanken zum Abschied von meiner Lieblingskneipe …

Die nachfolgenden Zeilen habe ich ursprünglich als Leserbrief formuliert, auf einen Artikel, der sich mit Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen beschäftigt. Den Text habe ich ein wenig überarbeitet, und jetzt ist er hier.

Ich finde jeden Artikel wichtig, der das in dieser Art aufgreift, vermisste aber mal wieder einen aus meiner Sicht zentralen Aspekt dabei: Dass wir, auch ich, bereits das mentale Gift in uns tragen, das uns verseucht, und dass so die Ereignisse auf diese »Vergiftung« aufbauen können. Je weniger uns das bewusst ist, desto leichter spielen wir unbewusst unsere »Rollen« in dem ganzen dummen Spiel mit – auch auf der Theaterbühne muss es ja die »Guten« und die »Bösen« geben. Erst wenn wir uns innerlich da ausklinken können, haben wir eine Chance, die uns zugedachten »Rollen« abzuschütteln und uns wirklich dagegen zu wehren. Der Preis dafür ist, unser Gefühl von Überlegenheit, Wissen und Können loszulassen. Doch wir bekommen dafür uns selbst als ganz einfache Menschen zurück, mit all unserer Tiefe und unserem einzigartigen So-Sein.

Vor drei Wochen war ich in meiner Lieblingskneipe, die mit sehr, sehr hoher Wahrscheinlichkeit an jenem Abend für immer schließen würde. Wegen Corona – oder genauer wegen den Maßnahmen, die im Rahmen von dessen »Bekämpfung« ergriffen wurden. Ich bin dann kurz vor Schluss rausgerannt, sonst hätte ich geschrien und alles aufgemischt. So kam ich deprimiert nach Hause. Und einmal mehr desillusioniert.

Es sind die Menschen, und es tut mir leid, das so sagen zu müssen. Lassen wir die Mehrheit der Leute mal weg, die nach wie vor gar keine Fragen stellen und einfach mitmachen. Oder die gar ihre verdrängte Angst und ihre totalitären Neigungen in Forderungen nach noch mehr Kontrolle, noch härteren Maßnahmen rationalisieren.

Nehmen wir mal hoffnungsfroh diejenigen, die ein wenig tiefer vorgedrungen sind: »Professor Bhakdi hat ja Recht …« Und dann stehen sie auf, ziehen sich für die fünf Meter vom Tisch zum Klo ihre Maske über, obwohl völlig klar ist, dass niemand da ist sie aufzufordern, die anzuziehen …

Das ist das neue Pendant zu den Revolutionären, »die eine Bahnsteigkarte lösen, bevor sie auf einen Bahnsteig stürmen«. Wenn sie es denn überhaupt tun.

Denn Realität ist das, was … in ihren Smartphones stattfindet. Twitter, Instagram, Facebook, Telegram, … Das ewige Leben, der ewige Ruhm. Die enorme persönliche Bedeutung. »Ja, eigentlich müsste man …« Eigentlich. Doch es macht kaum jemand. Und die es machen, sind in der Regel vom gleichen Geist beseelt. Damit sind sie letztendlich genauso ein Teil des blöden Spiels wie die, die ganz ohne zu fragen mitmachen.

Hauptsache cool! Alles Andere ist egal. Die eigentliche Diktatur, die die äußere lange vorwegnimmt, ist die Diktatur der Coolness, des überlegenen Dazugehörens. Eine Art Allmachtskoller: Die überwältigende Mehrheit würde erst dann erkennen, dass etwas nicht stimmt, wenn die Schüsse des Pelotons krachen, wenn ihnen der wuchtige Schlag eines hölzernen Polizeiknüppels den Schädel zerspringen lässt. Wenn sie begreifen, dass die Realität nicht das Smartphone, nicht Netflix, nicht ihr Wille ist. Doch dann ist es zu spät.

Mit einer überwältigenden Mehrheit, die das Leben so konsumiert ist keinerlei Widerstand zu erwarten. Alles Hoffen auf ein Erwachen der Leute ist ein »die Hoffnung stirbt zuletzt«. Wir, die wir auf die Straße gehen, sind eine winzige Minderheit. Allen anderen geht das am Arsch vorbei. Und selbst diese Minderheit, so winzig sie ist, trägt schon das Gift in sich: Es sind, überspitzt gesagt, überwiegend »besondere« Menschen, die halt nur eine eigene »Marke« vertreten … Nichtsdestotrotz mein ausdrücklicher Dank an Alle, die auf der Straße waren und noch sein werden!

Eigentlich bewundernswert, was da in den letzten drei, vier Jahrzehnten an Indoktrination und Verblendung geschaffen wurde – an der Erschaffung eines individuellen Bewusstseins, sich allmächtig zu fühlen, dabei aber real ein Sklave der neuen Herren bzw. von deren Ideologie zu sein. Wie heißt es so schön: »Die letzen, die aufbegehren werden sind glückliche Sklaven.« Sklaven, die sich als Königinnen und Könige empfinden. Die Welt, zumindest die etwas wohlhabendere, ist voll von ihnen.

Nachtrag 26.8.21 – Inzwischen sind die Dinge alles Andere als besser geworden. Das war abzusehen – zumindest für mich. Doch die meisten um mich sind inzwischen (nun, mehr oder weniger) voller Optimismus: »Das ist bald vorbei!« Leider sehe ich das anders, zumindest für mich selbst: Es geht jetzt erst richtig los … Habe eben beim »Maschinist« seinen neuesten Artikel gelesen. Dort spricht er davon, wie er in einer wegen Corona geschlossenen, ehemals bekannten Kneipe überraschend die Wirtin antraf und dann lange mit ihr dort saß. Unter dem Bild mit der Bubble Tea-Werbung weiter unten fängt sein Bericht dazu an. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ist es dieselbe Kneipe, von der ich hier erzähle. Auch ich war dort schon mal als »Erscheinung« drin, als ich die Türe an einem warmen Abend des vergangenen Sommers offen fand, wurde aber keinesfalls so freundlich empfangen wie der Autor des Artikels. Ich »gehöre halt nicht dazu«. Daran wird sich wohl kaum etwas ändern …

Dein Kommentar zu »Gedanken zum Abschied von meiner Lieblingskneipe …«

Dein Kommentar