Mittwoch, 24. Februar 2016

Trump! Trump!

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Trump! Trump!

Er siegt. Eine Vorwahl nach der nächsten gewinnt er. Donald Trump scheint der Präsidentschaftskandidat der Republikaner zu werden, wenn nicht noch etwas dazwischen kommt. Was macht seine Faszination aus? Wieso sind so viele Leute für ihn?

Leider kann ich sie nicht selbst fragen. Ich muss mich im Moment auf das kleine »Stimmungsblitzlicht« verlassen, das ich hier aus den Medien bekommen habe. Etwas zieht sich aber wie ein roter Faden durch die Antworten. Die Leute meinen: »Er sagt, was wir denken« und »Er ist unabhängig von der Regierung und dem großen Geld«, und auch »Er ist ein erfolgreicher Geschäftsmann – der muss wissen, was er tut. Ein guter Geschäftsmann ist auch ein guter Präsident für Amerika!«.

Es läuft also auf drei Dinge hinaus: »Er ist einer von uns und traut sich was.« »Er ist ein frischer Wind und wird den Wandel bringen, den wir uns wünschen.« »Er weiß, wie es geht, wie man Erfolg hat. Wenn er Amerika zu neuen Erfolgen führen kann, um so besser für uns alle.« Das Vertrauen, das aus dem letzten Satz deutlich wird ist schon fast wieder rührend, aber auch unsäglich naiv.

Ich schaue jetzt mal nach Deutschland. Da gibt es Pegida – das ist aber mehr eine Bewegung denn eine politische Partei. Und es gibt die AfD, die »Alternative für Deutschland«. Das ist eine Partei, die politisch in etwa das vertritt, was Pegida als Bewegung ausmacht. Sie ist ultrakonservativ und nationalistisch.

Auch die AfD »traut sich was«, das sich die etablierten Parteien nicht getrauen. Sie geriert sich als der frische Wind, der dringend nötig zu sein scheint, um die festgefahrenen Zustände wieder in Bewegung zu bringen. Sie vermittelt Kompetenz und einfache Lösungen – etwas, das den »anderen« so sehr zu fehlen scheint: »Wir wissen, wo’s lang geht! Wir werden es anpacken!« Sie spricht mit einer Stimme, die offenbar die Gedanken und Gefühle von immer mehr Menschen in diesem Lande widerspiegelt. Noch repräsentieren sie eine Minderheit, die jedoch langsam wächst.

Das Lavieren und Taktieren der etablierten Parteien arbeitet ihnen zu, genauso wie die aktuellen Entwicklungen – manchmal sehr direkt, manchmal indirekt. Kurz, die Zeit arbeitet für sie, denn je undurchsichtiger und komplizierter alles wird, um so mehr strahlen sie mit ihrem »Wissen« und ihrer »Tatkraft«. Das gilt wohl für alle rechtspopulistischen Parteien und Regierungen, und das geht so lange gut, wie es diesen gelingt, aufkommende Probleme der »Gegenseite« in die Schuhe zu schieben bzw. deren wirklicher oder angeblicher »Unentschlossenheit«.

In einer Welt, die quasi wöchentlich komplexer wird und die einerseits medial in Echtzeit vernetzt ist und andererseits in immer kleinere Stücke und Grüppchen zersplittert, ist die Illusion von Gemeinschaft wichtiger geworden als die Gemeinschaft selbst. Genau genommen wird Gemeinschaft, Solidarität und Mitmenschlichkeit seit geraumer Zeit systematisch abgeschafft: Sie sind Auslaufmodelle, die der neoliberale Zeitgeist als »unmodern« beiseite schiebt. Der Einzelne zählt, der Einzelkämpfer, die Einzelkämpferin, und alles dreht sich um den Markt, im ganz wörtlichen wie im übertragenen Sinne, auf dem Alle gegen Alle konkurrieren. Und nur der Sieger zählt. Schon die Nummer zwei ist völlig irrelevant.

Recht zu haben war schon immer wichtig. Es ist wohl eine menschliche Eigenschaft. Und heute ist es noch viel wichtiger geworden: »Die Welt kann gar nicht untergehen. Es gibt viel zu viele Leute, die genau wissen, wo’s lang geht«, kam mir vor einiger Zeit, auch hier auf diesen Seiten nachzulesen. Wer’s noch nicht verstanden haben sollte: Dieser Satz ist sarkastisch, ironisch gemeint. Denn die vielen »Sicherheiten« werden wir uns demnächst alle sprichwörtlich gegenseitig um die Ohren hauen. Polarisierung ist das Stichwort dazu.

Diese Haltung ist das genaue Gegenteil von Rumis »Jenseits von Richtig und Falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns«. Je weiter wir uns in Richtung Rechthaben bewegen, desto ferner sind wir diesem Ort. Und desto geringer die Chance, uns jemals zu treffen.

Nachtrag 1.6.16: Heute erschien die neue Kolumne von Sascha Lobo auf »Spiegel Online«. Er schreibt, wie er die Interaktion zwischen den sozialen und den journalistischen Medien wahrnimmt: als Ping-Pong-Effekt sich aufschaukelnder, sehr vorhersagbarer Reaktionen. Diese fast sichere Vorhersagbarkeit verstört ihn zusehends. Zudem beschreibt er auch, wie sich dabei eine Polarisierung der »Lager« ergibt, die Erkenntnis bringende Diskussionen immer mehr ausschließt. Ihm bleibt nur einzugestehen, dass keine Lösung des Problems in Sicht ist.

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