Dienstag, 8. November 2011

Schuldig! Schuldig!

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Schuldig! Schuldig!

Ein bizarres Schauspiel bot sich nach der Urteilsverkündung gegen den ehemaligen Leibarzt Michael Jacksons, Conrad Murray, wenn man dem Artikel von »Spiegel Online« trauen darf. Hunderte Menschen vor dem Gerichtsgebäude in Los Angeles jubelten oder weinten vor Freude, auch die Angehörigen Jacksons waren sehr angetan. Endlich ist einer schuldig am Tod ihres Idols, endlich wurde »der Gerechtigkeit genüge getan«. 

Nicht, dass Murray keinerlei Mitverantwortung am Tod des Stars trüge – doch der Job eines Leibarztes für einen Künstler, der für fast alle Lebensäußerungen chemische Hilfsmittel braucht, ist mit »undankbar« wohl noch beschönigend beschrieben. Zum Wachwerden, zum Schlafen, zum Entspannen, für fast alles brauchte Michael Jackson zuletzt Medikamente. Ein Leben im Tempo eines Düsenjägers, vor allem nach der Vorgeschichte einer verlorenen Jugend, fordert zwangsläufig irgendwann seinen Preis.

Dies wollen aber viele seiner Fans und vor allem seine Familie nicht wahr haben. »Du kannst alles machen, dafür bezahlen sollen andere« wäre das entsprechende Motto, radikal überspitzt ausgedrückt. Selbst wenn ich mal voraussetze, dass Jacksons Leibarzt aus ärztlicher Sicht fahrlässig gehandelt hat – es gibt viele Indizien dafür, dass die geplante große Tournee Jacksons für ihn nur mit den Wundern der modernen Medizin durchzuhalten gewesen wäre. Und danach? Mal gesetzt den Fall, er hätte sie zu Ende gebracht – was wäre von ihm übrig geblieben? Hätte er das überlebt?

Ich habe da so meine Zweifel. Schon als Jackson sich auf die Tournee vorbereitete, hatte ich ein seltsames Gefühl, als ich Meldungen darüber las. Als ich hörte, wie es um ihn stand, fragte ich mich: »Wie lange wird das gut gehen?«

Star sein fordert seinen Preis, das sollte allen klar sein. Ab einem bestimmten Punkt geht es wohl nur noch darum, sich würdevoll zurückzuziehen. Und der Düsenjäger Michael Jackson hätte eine sichere Landung und einen fürsorglichen Hangar dringend gebraucht. Stattdessen wurde ein neues Durchstarten vorbereitet, mit den bekannten Folgen. Das nicht sehen zu wollen macht seinen Tod in meinen Augen geradezu obszön. Und jetzt hat man endlich, endlich einen Schuldigen. Applaus! Es lebe der Kindergarten!

 

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