Samstag, 12. April 2025

This will not end well …

7 Kommentare

Immer mehr bizarre Szenen, beobachtet von einem Irren.

So gut wie niemand ist noch ansatzweise bei sich. Stille – im wörtlichen wie metaphorischen Sinne – ist etwas sehr Seltenes geworden. Selbst immer mehr Ältere laufen inzwischen mit Ohrstöpseln oder Kopfhörern herum, was offenbar nur ich befremdlich finde.

Niemand gibt einen feuchten Scheiß darum, was um ihn herum passiert: Die meisten bewegen sich so, als seien sie völlig allein unterwegs, selbst wenn sie unter Anderen sind, wie etwa im Supermarkt. Sie behindern sich gegenseitig, rempeln sich an, doch es gibt keinerlei Kommunikation darüber, nicht mal nonverbale: Andere sind offenbar in der Regel nur noch sich bewegende Hindernisse, und ich muss inzwischen sehr aufpassen, nicht angerempelt oder gar umgerannt zu werden. Ich fände es mal interessant zu erfahren, inwieweit es dabei zusätzlich eine Rolle spielt, dass ich alt und weiß bin.

Zehntagebärte. Baseballkappen. Sonnenbrillen. Hoodies. Tattoos, jetzt auch fast schon standardmäßig am Hals oder im Gesicht. Immer mehr Schmuck. Gefärbte Haare. Dauergedudel in den Ohren. Worte, die wie Feuerstöße aus einer MP kommen. Knackwursthosen. Pausenlose großspurige Gesten und Posen. »Besonders Sein«, wohin ich schaue. Manche laufen vermummt herum, als hätten wir Dauerfrost, während gleichzeitig andere herumlaufen, als wäre schon Hochsommer. In wirklich jeder Sekunde, die nicht unmittelbar fürs eigene Vorankommen gebraucht wird mit dem Handy beschäftigt. Die Aufzählung ist unvollständig, ich weiß.

All das ist heute völlig »normal«. Ein Irrer, wer darin ein Problem sieht. Es gibt keines, denn all das fühlt sich doch soooo gut an! Diese pausenlos gepäppelte Eitelkeit, dieser schon besessene, überschäumende Narzissmus ist die »Trägerfrequenz«, auf die »man« heute »eingetuned« ist. Dabei ist es egal, wie (ansatzweise) bewusst oder unbewusst das ist – es funktioniert, so oder so.

Und es ist auch egal, welches »Programm« man hier konsumiert – Hauptsache, man ist auf dieser mentalen »Wellenlänge«. Die ist das, was die Leute wie eine gigantische Herde lenkt, und dafür ist es völlig egal, ob sich Teile davon schräg in Richtung auf das »Ziel« hin bewegen oder gerade darauf zu. Natürlich grenzen sich diese »Fraktionen« deshalb voneinander ab, verachten und verhöhnen sich gegenseitig – wie praktisch!

Doch da sie alle dem gleichen Bewusstsein hörig sind, ist es natürlich egal, ob die einen schräg laufen und die anderen direkt: Das Ziel ist ja das Gleiche. Solange das so ist, sehe ich keinerlei Chance, dass sich nennenswert etwas ändern wird. Mir fällt dazu als Resümee nur das ein, was auf der Nationalgalerie als Leuchtschrift zu der Ausstellung von Nan Goldin stand: »This will not end well.«

Ostern 2025 – Ostersonntag, 20. April. Bei aller pessimistischen Sicht auf die Dinge möchte ich hier doch auch mal einen Beitrag verlinken, der mich sehr berührt hat. Dort kommt alles zur Sprache, was mir wichtig ist. Interessanterweise hat das (angeblich) eine KI erzeugt. Und zu meinem Staunen hätte ich das nicht schöner und poetischer formulieren können.

Herrn Langemanns dort zitiertem Kommentar kann ich nur bedingt zustimmen – weniger, weil ich seine Sicht für unpassend oder gar für falsch hielte, sondern deshalb, weil aus meiner Sicht inzwischen Macht (die linkshirnische Sicht auf die Welt) von klein auf die »Religion« der allermeisten Menschen geworden zu sein scheint – weltweit. Dies ist aus meiner Sicht ein »Psychopathenwert«, der uns ins Verderben führen wird, wenn nicht noch ein Wunder geschieht.

Ich bete darum, dass Herr Langemann Recht damit hat, dass das kleine Flämmchen im Herzen eines jeden Menschen, dass er sich erhofft, noch immer brennt oder zumindest schnell wieder entfachbar ist. Ich sehe das eher so wie Leonard Cohen: »Every heart to love will come, but like a refugee …« Auch das immerhin ein Trost. Und Ostern ist ein guter Moment für meine Gebete.

Nachtrag … am 11. Juni 2025. Wie immer freue ich mich, wenn ich Kommentare lese, die eine sehr ähnliche Blickrichtung haben wie ich. Es lebe die Selbstbeweihräucherung! Hier die Links zu zwei Beiträgen, die ich genau dort sehe.

Der erste ist ein Beitrag auf dem Blog »La dernière cartouche« geht über »Die Intellektuellen sind müde – wo ist die kritische Elite geblieben?«. Ja, wo ist sie geblieben?

Dann gibt es noch einen aktuellen Beitrag bei den »Nachdenkseiten«: »Die Moralelite – Viele verwechseln Haltung mit Konformität und Gesinnungsstolz«. Der Titel sagt eigentlich schon, um was es geht. Beides interessantes Denkfutter.

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7 Kommentare zu »This will not end well …«

  1. Surely not 😉

  2. Der Kiezneurotiker Aka Maschinist, hat dich verlinkt: https://maschinist.blog/2025/05/07/linkschleuderei-vom-7-mai-2025/

    Noch’n lieben Gruß
    Der Viewer

  3. Danke Dir für den Hinweis! »Frustration. Von einem Boomer. Hart zu sehen, wenn die Welt sich weiter dreht und Menschen so zurück lässt.« Ja, ich bin ein Boomer. Und ja, an diesem aus meiner Sicht sarkastischen Kommentar ist was dran. Doch der Umkehrschluss lässt mir die Kinnlade runterfallen – über jemand, der all diese (nun, für mich …) »frustigen« Dinge mit einer flapsigen Bemerkung einfach als »Lauf der Welt« abtut, mit dem sich ein alter Sack wie ich nicht abfinden kann. »It’s progress, stupid!« »Or, is it?« Genau diese Haltung ist es, die mich frustriert macht: Es finden nicht mal mehr (gerne auch hitzige) Diskussionen darüber statt, was das alles denn nun mit uns macht – oder eben nicht …

    Also: Nase hoch – cool bleiben, und weiter Richtung Abgrund.

  4. Ja, das sehe ich auch als „Boomer“, eben ganz genauso wie Du. 😉
    Das ist die Krux bei jüngeren Generationen, die ich immer wieder aufs Neue feststelle, nämlich das sie fast alles relativ fraglos hinnimmt, ohne darüber Nachzudenken, das es eben auch mal ganz anders ginge.
    Mich würde auch mal interessieren, ob Du den „Maschinisten“, respektive sein Portal kanntest oder schon kennst.

  5. Ja – auch ich war als junger Mann jugendtypisch neunmalklug, aber diese absolute Sicherheit, die ich heute bei der überwältigenden Mehrheit wahrnehme fehlte mir dann doch … Es gab oft (auch hitzige) Diskussionen, die ich heute sehr vermisse. Vielleicht habe ich den Geist dieser Diskussionskultur ja immer noch in mir, während ihn viele Jüngere nie kennengelernt haben …

    Den »Maschinisten« kannte ich als Webseite über Dennis (der sich übrigens wieder bei mir gemeldet hat). Dort, beim »Maschinisten«, war auch mal ein Bild einer kleinen Zettelaktion zu sehen, mit der ich was zu tun hatte. Immerhin eine winzige Rückmeldung darüber, dass sie jemandem aufgefallen zu sein scheint.

    Ach ja – eben habe ich noch diesen Beitrag von Dagmar Henn gefunden. Diese Mischung aus Gleichgültigkeit und »über den Dingen Stehen«, die sie in der »hohen« Politik sieht begegnet mir im Alltag auf Schritt und Tritt. Sie ist aus meiner Sicht inzwischen überall – ubiquitär gewissermaßen. Deshalb meine Anmerkung »Nase hoch – cool bleiben, und weiter Richtung Abgrund.«

  6. Komisch, meine Einstellung bezüglich des Systems und meines Lebenswandels hat sich seit 1974 kaum noch verändert.
    Ich bin halt seit dem 12.4.20 nur noch stringenter geworden.
    Den Spruch von ihm“ die Welt dreht sich weiter“,kommt für mich einer kapitulationserklärung gleich.

  7. Meine Einstellung war auch damals schon in etwa so wie heute, hat sich aber deutlich verfeinert und erweitert. Mein Geschreibsel hier ist letztlich entstanden, weil ich seit längerer Zeit Dinge um mich herum wahrnehme, die ich als einen menschlichen Niedergang empfinde. Und seit April 2020 gibt es auch für mich nur noch ein akzeptieren Müssen dessen, was mir vorher nur so was wie »halb« bewusst war …

    Und ja – was der »maschinist« da sagt ist auch für mich ein Abnicken des Status Quo, ein Mitschwimmen mit dem Zeitgeist mit einer vor sich selbst und Anderen (schein)kritischen Attitüde. Diese Haltung begegnet mir sehr oft, und wäre die Situation nicht so ernst, würde nicht so viel auf dem Spiel stehen, dann könnte ich das als lächerlich abtun …

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