Montag, 26. Juli 2021

26.7.21

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26.7.21

Ich lasse das heutige Datum, obwohl es um vorgestern geht. Den 24. Juli 2021 also. Wieso vorgestern? Was ist an diesem Tag besonders? Doch Eines nach dem Anderen.

Es fing damit an, dass ich gegen Mittag im Supermarkt war, um für das Wochenende einzukaufen. Nun ja, eigentlich nix Besonderes, denn ich tapste irgendwann zur Kasse, meinen Wagen schiebend und mit einer OP-Maske mit ‘nem roten »X« drauf anonymisiert. Dort stand ich dann und wartete, bis die junge Kundin vor mir fertig war, mit schwarzer FFP2-Maske versehen und bargeldlos zahlend. Dabei schaute ich ein wenig gedankenverloren in Richtung Ausgang, und da … und da … Da sah ich zum ersten Mal seit Beginn der Maskenpflicht … jemanden, nämlich einen alten Mann, ohne Maske im Supermarkt!

Wieso ich das erwähne? Weil es seit Ende April 2020, als der Gesichtswindelbefehl kam, das erste Mal(!!) war, dass ich beim Einkaufen jemanden ohne Maske sah. Er hatte ziemlich sicher ein Attest, das jedoch offenbar niemand sehen wollte. Denn er wirkte so, als ob er demnächst einen Rollator bräuchte. Das überzeugte offenbar.

Es müssen noch viel mehr Leute solch ein Attest haben, doch sie ziehen es offensichtlich vor, es nicht zu »nutzen«. Das ist mir schon länger bewusst, doch dass es fast fünfzehn Monate dauern würde, bis ich im Alltag jemanden sehen würde, der es nutzt… Es spricht Bände über dieses Land!

Als ich hinausging, um meine Einkäufe in den Fahrradtaschen zu verstauen winkte mir eine junge Frau zu, die eine der Berliner Obdachlosenzeitschriften verkauft. Ich hatte sie schon öfter hier gesehen. Ja, hin und wieder gebe ich etwas, auch wenn ich gerade hier sehr ambivalente Gefühle habe: Mir ist bewusst, dass die schönen Roma-Frauen (nun, ich finde sie auf ihre Art schön), die hier vor den Supermärkten stehen, zu etwas gehören, was ich »Sammelgruppen« nenne. Mit denen legen sich offenbar Leute von hier, die auf der Straße leben, ungern an. Gleichzeitig habe ich ein warmes Gefühl auch für sie, die meist aus elenden Verhältnissen in Südosteuropa hergekommen sind.

Die Frau winkte mir, und ich lächelte sie an. Sie lächelte zurück. Wir wechselten ein paar Worte, von ihrer Seite in holprigem Deutsch, und ich verneigte mich vor ihr. Wir lächelten uns noch einmal zu, sie so offen und schön, dass mir das Herz aufging. Beschenkt wünschte ich ihr alles Gute, winkte ihr noch mal zu und machte mich auf den Rückweg. Und kurz darauf wurde mir etwas klar: Sie war hier der einzige Mensch um mich her, der überhaupt fähig war, direkt und offen auf Andere zu reagieren.

Ich brachte meinen Kram nach oben in meine Wohnung und fuhr dann in die Stadt. Heute war ja der offizielle CSD, der »Christopher Street Day«, angekündigt, mit einer Demo in der Stadt. Aber als ich am Tag zuvor die Webseite dazu durchgelesen hatte, wurde mir beinahe schlecht: Deren »Hygienekonzept« triefte geradezu von vorauseilendem Gehorsam. Ja, das kenne ich aus der queeren Szene, leider, und es kotzt mich ganz besonders an!

Und ich wurde erst mal nicht enttäuscht: Am Brandenburger Tor warteten ein paar hundert Leute auf den Zug, fast alle mit Maulkörben. Ich fuhr dann in die Richtung weiter, aus der er kommen würde, traf auf ihn, und siehe da: Auch darin fast alle mit diesen Kaffeefiltern in der Fresse, viele davon sogar in FFP2-Ausführung. Noch mal zur Erinnerung: Das alles fand unter freiem Himmel statt, und die Leute hielten sogar weitgehend das »Distancing« ein.

Ich springe mal eine gute Stunde weiter. An der Urania, an deren Fassade derzeit das riesige Konterfei einer Frau prangt, die als Diskussionsleiterin angekündigt wird und deren Anblick allein mir schon kaltes Erschaudern den Rücken runterjagt, endete die Demo. Von dort ging ich dann mit einem Freund, der im Fummel gekommen war und einem Freund von ihm direkt ins nahe »Bermuda-Dreieck« weiter, das bekannte lesbisch-schwule Viertel am Nollendorfplatz.

Wir Drei hatten Lust auf einen Kaffee und eine Kleinigkeit zu essen, fanden auch noch einen Platz in einer Außengastronomie und ließen uns nieder. Das Viertel füllte sich schnell; von überall her beschallten bald diese großen mobilen Boomboxen die Straßen mit Techno, aber auch Disko-Hits. Als wir uns gestärkt hatten, beschlossen wir, uns noch mal umzuschauen und tigerten los.

Welch ein Bild, welch eine Überraschung! Die Straßen waren nun dicht voller Menschen, die lachten und tanzten und tranken – es war ein spontanes, großes Straßenfest entstanden! Und das Beste: Es kam mir fast vor wie ein »Flashback« in die Zeit v.C.: Höchstens zehn Prozent der Leute hier, die allermeisten unter Vierzig, trugen eine Maske, obwohl von »Distancing« nicht mal mehr ansatzweise die Rede sein konnte! Bevor aber Missverständnisse aufkommen: Ich fand das alles wunderbar! Die Leute ignorierten die befohlene »Pandemie« ganz einfach – endlich mal, denn sie existiert ja eh nicht. Leider mischte sich bei mir wieder ein Eindruck in meine Freude, der mich auf Schritt und Tritt begleitet: Selbst hier war so gut wie niemand auch nur ansatzweise bei sich

Wenn die meisten mit der gleichen Selbstverständlichkeit einen zivilen Ungehorsam leben würden wie sie hier spontan in den Straßen feierten – der Spuk wäre auf der Stelle vorbei! Denn die Menschen hatten für einen Moment ihr Gefängnis verlassen – noch steht die Tür ja einen Spalt offen. Doch leider spricht Vieles dafür, dass sie das gar nicht begriffen, ja auf eine Weise nicht mal bemerkt haben. Denn dazu müssten sie ja ihre Situation begreifen – nämlich, dass die Gefängnistür gerade im Begriff ist ins Schloss zu fallen. Doch alleine schon die bei sehr vielen jederzeit griffbereit zur Schau getragenen Masken, zum Beispiel am Handgelenk oder am Oberarm, sind ein Zeichen, dass die Lust am vorauseilenden Gehorsam größer ist als die am Leben …

Wir haben es sehr genossen, in diesem Gewusel von Körpern zu sein – etwas, das es in Zukunft nicht mehr geben darf und wohl auch nicht mehr geben wird. Die große Mehrheit will es mit ihrem Gehorsam so, obwohl sie auch darunter leidet. Doch jetzt staunen wir, freuen uns.

Die Polizei reagierte pragmatisch: Schritt sie bei der Demo noch hier und da gegen »Maulkorbverweigerer« ein, so wäre das hier aussichtslos gewesen. Es war schlicht die Macht des Faktischen: Nur mit brutaler Gewalt wäre hier was zu machen gewesen, wäre es gelungen, die Straßen zu räumen, die Menschen auseinanderzutreiben. Doch noch würde sich die Staatsgewalt damit gerade hier bei den jungen Leuten – die meisten waren inzwischen ganz gut betütert – sehr unbeliebt machen. Noch ist das Indoktrinationsniveau nicht hoch genug, dass so etwas geduldet würde. Und zum Anderen wären »Maßnahmen« dieser Art gegen die queere Szene ein politisches Minenfeld – zumindest zur Zeit noch. Kurzum: Ein Hauch von echtem »Christopher Street Day« lag in der Luft!

Denn sähe sich der Staat mit Vorwürfen der Homophobie konfrontiert, dürfte das eine Menge Leute wütend machen, ja sie gar aufwecken. Also lässt man sie offenbar lieber gewähren, und auch die großen Medien schwingen dazu nur wohlwollend den Zeigefinger.

Denn das macht das Virus ja so tückisch: Es mag ganz offensichtlich Fußball. Da hält es sich vornehm zurück. Es mag auch »Black Lives Matter«. Und Demos der Antifa. Nun ja, eine CSD-Demo ist wohl ein Grenzfall… Man müsste es mal interviewen; da wäre ich echt neugierig. Und eigentlich mag es feiernde Menschen – es sei denn, die würden gegen die »Maßnahmen« auf die Straße gehen. Dann würde das Ganze natürlich automatisch zum »Superspreader-Event«, zu einer »Gefahr für die öffentliche Sicherheit«.

Tja – erst werden die Fliegen immer intelligenter, nun also auch Viren. Wo soll das alles noch enden? Wir sollten Viren unbedingt verstehen lernen – womöglich sind die uns in punkto Intelligenz in naher Zukunft überlegen.

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