Samstag, 10. August 2013

Absolute Macht

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Absolute Macht

Die ersten Enthüllungen Edward Snowdens liegen sechs Wochen zurück, eine ganze Zeit also. Doch heute las ich eine Nachricht, die mich nun doch dazu bringt, mich mit ein paar Zeilen zu äußern.

Ein E-Mail-Dienst, der verschlüsselten Mailverkehr möglich macht und den offenbar Edward Snowden genutzt haben soll ist abrupt vom Netz gegangen. Der Inhaber dieses Dienstes »darf sich dazu nicht äußern«, deutet aber an, dass er seine Firma auf massiven Druck der Behörden hin geschlossen habe.

»Wer die USA auf der Cyberebene angreift, gilt als Aggressor und muss mit physischen Angriffen unserer Armee rechnen.«  In etwa so klang das, und ich fand es damals ziemlich unverschämt. Wer in den USA hackt oder herumschnüffelt, kann bei Entdeckung mit militärischen Mitteln bekämpft werden – mit Kugeln, Bomben, Raketen. Na ja, selbst die Bundesregierung hegt Überlegungen in dieser Richtung. Nun hat sich herausgestellt, dass die USA sich das Recht zu genau dieser Schnüffelaktivität weltweit genommen haben. Einfach so, weil sie die Stärkeren sind. »Du darfst mich nicht anrühren, sonst bringe ich dich um. Aber ich dringe in deinen Bereich ein oder bringe dich um, wann immer ich es für richtig halte. Ist das klar?« Was ist das für eine Haltung? Es ist das uneingeschränkte Recht des Stärkeren. Das ist die Attitüde, für die die USA heute letztlich stehen und die sie häppchenweise und nett verpackt an die Welt verfüttern, die sie gierig aufsaugt. »Eine demokratische Abstimmung: Es wird Basketball gespielt!«, meinte selbstironisch unser Sportlehrer damals am Gymnasium. Was da gerade geschieht, ist leider weniger lustig.

Bigotterie nennt man das, wenn man zwei Idealen, zwei »Göttern« gleichzeitig dient. Nach außen hin ist es »Freedom and Democracy«, nach innen ist es das nackte Recht des Stärkeren, verbunden mit ungebremstem Größenwahn. Ich verneige mich vor dem Mut des Edward Snowden, dem wohl spätestens jetzt bewusst ist, dass er sein Leben verwirkt hat, weil er den Moloch hinter der glänzenden Fassade bloßstellte. So etwas mögen Mächtige überhaupt nicht. Allein die Tatsache, dass da jemand sich angemaßt hat, die von ihnen gesetzten Maßstäbe zu hinterfragen bedeutet ein sicheres Todesurteil – entweder direkt oder langsam, lebenslang in einem Gefängnis weggesperrt.

In Russland ist Snowden im Augenblick sicher – doch wie lange? Abgesehen davon, dass Putin sich wohl überlegen wird, wie viel ihm der Schutz dieses Mannes politisch wert ist – auch Russland betreibt reine Machtpolitik, machen wir uns nichts vor. Wir werden Zeugen des Kampfes der Großmächte um die Weltherrschaft. Nein, sagen Sie nicht, das sei ein alter Hut. Heute sind erstmalig in der Geschichte der Menschheit die technischen Mittel vorhanden, wirklich danach zu greifen. Wer wird es schaffen? Die USA haben zur Zeit die mit Abstand besten Aussichten, und das wissen die Mächtigen dort auch. Wer sich jetzt durchsetzt hat gute Chancen, diese Position eine ganze Weile zu halten.

Nachtrag 11.8.13: Warum ist das so? Eine mögliche Erklärung wäre: »Wie im Kleinen, so im Großen.« Das Verhalten, das wir im alltäglichen Umgang miteinander pflegen finden wir potenziert auch in der Weltpolitik wieder. Somit ist es kaum verwunderlich, unsere Machtspielchen quasi in Großprojektion auf der internationalen Leinwand weiterzusehen. Würde die Weltpolitik anders aussehen, wenn wir allgemein untereinander offener und friedvoller wären? Ich weiß es nicht, kann mir aber vorstellen, dass es langfristig sehr viel verändern würde.

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