Freitag, 3. September 2021

Sündenfall

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Sündenfall

Nun ist es also geschehen. Schon zwei Mal. Nein, nicht die Impfung. Aber ein Test. Nein, kein offizieller Test in einem Testzentrum. Mich beschleicht ein Würgereiz, wenn ich an so einem vorbeikomme. Nein, still und leise ist es geschehen. Immerhin hatte ich jeweils vorher am Telefon abgesprochen, dass es unter uns bleiben würde, falls der Test positiv ausfallen sollte. Dass ich dann einfach wieder aufs Rad steigen würde und nach Hause fahre und der Test diskret in der Mülltonne landet.

Es ging um diese Tests, die man in Zehner- oder Zwanzigerpacks bei Aldi, Lidl oder Rossmann bekommt. Die zum Spucken oder Popeln. Die Volkstests sozusagen (ja, die Anspielung ist beabsichtigt …). Mein eigentlicher »Sündenfall« war ein Treffen bei einem Freund – zu Mehreren, in Innenräumen. Und da war jemand sehr ängstlich wegen seinem Partner, der gehöre doch zu einer Risikogruppe … Mit diesem »mein Partner/Partnerin, meine Oma, mein Enkel, mein … gehört zu einer Risikogruppe« kriecht der Druck mit Macht in die Gesellschaft hinein. Das ist ganz nah bei einem »Du könntest mich anstecken, und ich stecke wieder jemand an, der jemand ansteckt, der …«

Ich persönlich gehöre allerdings zu den Vollidioten, die im Leben grundsätzlich ein gewisses Lebensrisiko sehen, gemäß dem Spruch von Erich Kästner: »Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!« Doch heute »geht so was gar nicht mehr«. Heute ist volle Kontrolle angesagt, optimale Kontrolle und Sicherheit in jeder Situation. Und vor Allem: die Köpfe! Wir müssen die Köpfe schützen! Nicht nur die der Kinder, auch unsere! Denn unsere Köpfe sind es, um die sich alles dreht. Und da dies inzwischen nicht mehr nur ein paar Hypochonder so sehen, sondern die große Mehrheit sind wir da, wo wir heute sind. Diese Haltung macht es der Gesundheitsdiktatur sehr leicht, denn im Grunde wollen die meisten sie. Ja, es ist sogar beinahe so, als hätten sie insgeheim darauf gewartet.

Zurück zum meinem Sündenfall. »Ich schenke dir den Test«, meinte der Freund. »Ich hab‘ ja etliche davon im Haus, da kannste einen von nehmen.« Und dann lief das alles ganz unspektakulär ab. Wir saßen gackernd mit Kaffee und Kuchen an seinem Couchtisch, ich spuckte in den kleinen Napf, der in der Schachtel war, und er trug etwas Spucke auf das Testfeld in dem Ding auf, das an einen USB-Stick erinnert. Hier natürlich in weiß, muss ja ernsthaft medizinisch aussehen. Würde aber für die Zukunft Popfarben nicht grundsätzlich ausschließen, oder welche mit Blümchenmuster.

Wir quatschten, aßen und tranken weiter, und ich hatte den Test schon fast vergessen. Die Wartezeit war dann jedoch um, und er schaute nur mal kurz drauf: »Ach klar, negativ!« Damit flog das Ding samt der leeren Verpackung in den Papierkorb, und alles waren’s zufrieden. In mir waren allerdings zumindest für einen Moment gemischte Gefühle. Ich hatte einen kleinen Schritt in Richtung »Neue Normalität« gemacht. Hatte ein Versatzstück dieses Welttheaterstücks des Irrsinns anerkannt, »nur« um mit den anderen sein zu können. Ich hätte es nicht tun müssen. Doch der Preis wäre gewesen, auf dieses dann später noch sehr sinnliche Zusammensein zu verzichten.

Leider sind seit C. für mich eine Menge Möglichkeiten weggebrochen, andere zu treffen: Statt satt zu werden so was wie Minimaldiät. Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig. Ja, mag meine Schuld sein. Ich hätte ja … Nun, es ist müßig, mir jetzt darüber Vorwürfe zu machen. Es ist nicht mehr zu ändern. Und die Leute, die ich kenne, wollen halt inzwischen Tests. Oder haben den Kontakt zu mir ganz abgebrochen. Nun, sich zu zweit oder mal zu dritt treffen geht ja noch ohne Test. Doch auch bei meinem zweiten »Sündenfall« ging es um ein halböffentliches Treffen mit mehr als fünf Leuten. Bis auf einen Freund waren alle bereits »geimpft«.

So machten wir Beide also den »Popeltest«. Auch hier wieder meine Unsicherheit. Wieder negativ. Wieder ein kleines Zugeständnis an den Irrsinn. Und ein kleiner Vorgeschmack, oder eher eine Ahnung des Drucks, der noch auf mich (und alle anderen »Impfverweigerer«) zukommen wird.

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