Donnerstag, 17. März 2011
Titanic
Titanic
Die Titanic hat den Eisberg schon gerammt. Noch glauben fast alle an Bord, sie sei unsinkbar. Noch leuchtet alles bunt, noch bebt das Deck unter den Bässen. Die Masken sitzen, viele Spiegel zeigen es. Champagner fließt für die erste Klasse, Wein und Bier für alle anderen.
Na gut, es knackt und knarrt hier und da, und das Schiff liegt ein wenig schief. Von tief unten aus dem Maschinenraum kommen atemlos, verschwitzt und verängstigt Arbeiter, die was von einem Wassereinbruch stammeln. Wie amüsant! Besser als im Fernsehen! So echt, authentisch! Kleine Displays strahlen bunt, grellweiß leuchtet es kurz hier und da. Da knarrt und zischt es, mal wieder. Jemand reißt einen flotten Spruch. Gelächter.
Das Wasser ist eiskalt, und es gibt viel zu wenig Rettungsboote. Und von diesen wenigen wird kaum eines die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen können. Niemand ist darüber besorgt, arbeitet gar an einer Lösung. Wozu auch? Die Lenzpumpen sind längst angesprungen, sie werden es schon richten. Es sind doch die stärksten und modernsten ihrer Art. Da knarrt es wieder, und ein undefinierbares, unheimliches Geräusch folgt. Nicht allzu laut, doch unüberhörbar. Es folgt ein Ruck, ein leichter Ruck, und die Schräge nimmt ein wenig zu. Für einen Augenblick horchen alle erschrocken auf. Von irgendwoher kommt wieder ein cooler Spruch, und in dem nachfolgenden, dröhnenden Gelächter geht ein entferntes, bedrohliches Donnern unter.
»Wer zuletzt lacht, lacht am besten«, heißt es.
21.1.18: Sibylle Berg schreibt auf »Spiegel Online« nachdenklich-bissige Kommentare. Heute geht es darum, dass sich die Ober-Nerds, die Taktgeber, die die digitale Weltrevolution antreiben, inzwischen Inseln kaufen – weitab, entlegen, nur schwer erreichbar. Dort richten sie sich für die Zeit ein, wenn sich auf dem Festland aufzuhalten lebensgefährlich wird. Die meisten der technischen Elite ahnen zumindest, an was sie da tatkräftig arbeiten und ziehen zunehmend die Konsequenzen. Sie beginnen, sich ihr Rettungsboot zu sichern. Ein interessanter Gedanke: Diejenigen, die maßgeblich an der sich abzeichnenden Katastrophe mitgewirkt und von ihr profitiert haben, werden womöglich die letzten Überlebenden der Spezies Mensch sein …
Huiiii … Ein weiter Sprung in den Januar 2022, den 19., um genau zu sein. Der Irrsinn hat nicht nur dieses Land fest im Griff, immer noch, auch wenn es inzwischen mehr Leute gibt, die Fragen stellen. Doch aus meiner Sicht sind es immer noch zu wenige, und die Fragen gehen meist nur gerade eben so unter die Oberfläche der Dinge. Eine weitere Allegorie des Themas »Titanic«, angelehnt an die Ereignisse der vergangenen knapp zwei Jahre, gibt es hier.