Montag, 22. August 2016
Endlich geschnallt …
Endlich geschnallt …
Alle sind soooo cooool. Die Jüngeren preschen voran, die Älteren hecheln hinterher. Es ist nur eine Frage der Zeit: Wann sehe ich den ersten meiner Altersstufe mit einem Skateboard? Im Augenblick ist die Altersgrenze dafür offenbar bei etwa Mitte vierzig, schnell steigend. Wann sind Gesichtstattoos Mainstream? Wann werde ich zum ersten Mal dumm angemacht, weil ich ohne Sonnenbrille und Musik in den Ohren herumlaufe?
Dem Coolnessfaktor nach würde es inzwischen bei den meisten dafür reichen, bei hochsommerlichen Temperaturen ein Tiefkühlgericht ohne Thermotüte zwanzig Kilometer auf dem Rad zu transportieren, ohne dass es antaut. Nun, die Leute strengen sich ja an, schnell zu sein. Es würde mehr als reichen.
Oh, ich Trottel. Habe mich mal wieder blamiert. Ich bin der Letzte, der es schnallt. Und ich muss mich schuldig fühlen. Denn ich bin nicht nur Klimasünder – nein, ich weigere mich auch, etwas zur Heilung der Erde zu tun: Dadurch, dass alle immer cooler werden, wird endlich die Erderwärmung kompensiert!
Und ich habe das wieder mal nicht gerafft! Und bin auch noch Verräter, denn ich habe bislang darüber gemeckert. Blöd nur, dass mir jetzt schon zu kalt ist.
Nachtrag 8.3.17: Jetzt habe ich fast eine dreiviertel Stunde hier herumgesucht, wo denn dieser Link passen könnte. Denn der neueste Artikel aus der Kolumne von Sibylle Berg bei »Spiegel Online« bringt etwa auf den Punkt, das ich hier auch oft thematisiere: diesen kollektiven Wahn, sich über Äußerlichkeiten als »individuell« und »besonders« darzustellen, über Dinge, die im wörtlichen wie übertragenen Sinne käuflich sind. Die müssen natürlich einem bestimmten Spektrum angehören, denn alles muss vergleichbar und einsortierbar sein. Lauter lebende Meme wuseln um mich herum. Ab wann wird es gefährlich, nicht dazuzugehören?