Freitag, 1. Juli 2011

Strauss-Kahn weg, Christine Lagarde da …

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Strauss-Kahn weg, Christine Lagarde da …

Gerade las ich es auf »Spiegel Online«, und irgendwie hatte ich schon die ganze Zeit ein seltsames Gefühl. Nein, ich bin kein Fan von Verschwörungstheorien aller Art, habe gleichermaßen jedoch meine Naivität über die Dinge, die um mich herum geschehen, schon lange verloren.

Der ehemalige Vorsitzende des Weltwährungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, sitzt seit einiger Zeit im Hausarrest in seiner Wohnung in New York, musste eine hohe Kaution hinterlegen und eine elektronische Fußfessel tragen. Ihm wird vorgeworfen, eine Hotelangestellte aus Guinea im »Sofitel« in New York vergewaltigt zu haben. Er beteuerte seine Unschuld, trat jedoch von seinen Ämtern zurück.

Nun hat sich herausgestellt, dass an der Glaubwürdigkeit der einzigen belastenden Zeugin, also der Hotelangestellten, erhebliche Zweifel berechtigt sind. Sie hat offenbar mehrmals gelogen, und auch ein Telefongespräch, das die Polizei mithörte und aufzeichnete, lässt stark vermuten, dass sie mit kriminellen Machenschaften in Verbindung steht.

Anscheinend hatten Strauss-Kahn und sie einvernehmlichen Sex miteinander, sie jedoch zeigte ihn dann wegen Vergewaltigung an. Abgesehen davon, dass sich mir hier sofort Parallelen zum Fall Kachelmann und seiner Ex-Freundin aufdrängten, fällt mir noch auf, ein welch wirkungsvolles Mittel eine Anzeige wegen Vergewaltigung inzwischen ist. Zumindest im Falle von Prominenten kommt sie inzwischen einem »Abschuss« gleich, egal, als wie berechtigt sie sich dann letztlich erweisen sollte. Das funktioniert nach dem Prinzip »Wirf mit Dreck, es bleibt immer etwas hängen!«. Früher nannte man das »Rufmord«. Davon vielleicht an anderer Stelle mehr. Für mich spiegelt sich auch hier eine starke Verschiebung von Balancen in den vergangenen Jahrzehnten wider.

Zurück zu meinem seltsamen Gefühl. Inzwischen ist ja Strauss-Kahns Posten mit Christine Lagarde neu besetzt. Das macht sich gut, zumindest aus geschlechterparitätischer Perspektive. Doch es sieht ganz danach aus, als sei sie eine Wunschkandidatin der internationalen Finanzlobby, ähnlich wie zum Beispiel eine Sarah Palin oder eine Michele Bachmann in den USA Wunschkandidatinnen der erzkonservativen »Tea Party«-Bewegung für die Nachfolge Präsident Obamas wären. Auch hier hätten wir in diesem Falle ein Novum, eine Frau auf einem der mächtigsten Posten der Welt. Die Frauen sind auch hier »im Kommen« – was mich einerseits freut, andererseits jedoch nichts daran ändert, mich zu fragen, welchen politischen Kurs sie jeweils verfolgen werden.

Allein die Tatsache weiblichen Geschlechts zu sein ist für mich schon lange kein Grund mehr für die naive Annahme, dies bedeute auch, ein besserer Mensch zu sein – einfühlsamer, gütiger, liebevoller, … , zumal ich den Eindruck habe, dass diese sogenannten »weiblichen« Werte immer bedeutungsloser werden und sich die modernen Frauen entsprechend ausgerichtet haben. Auch sie sind heute auf Kurs – die neue Welt tickt »dynamisch«, »durchsetzungsstark« und »cool«. Für was steht also die neue IWF-Chefin? Mit ziemlicher Sicherheit für die Interessen des internationalen Kapitals, also vor allem Europas und der USA. Und das sind die reichsten Länder der Erde. Nach allem, für was Christine Lagarde bislang eingetreten ist, wird sie wohl kaum auf eine Trendwende beim IWF hinarbeiten. Die Zeichen stehen somit auf »weiter so«, Kohl’sche Grundsätze also auch in der Weltwirtschaftspolitik.

Der Artikel beim »Freitag«, der dies genauer beleuchtet, bringt mein eingangs geschildertes Unbehagen auf einen konkreten Punkt: War das mit dem Vergewaltigungsvorwurf ein Komplott, um einen unliebsamen, weil den Kapitalinteressen zunehmend suspekten IWF-Präsidenten loszuwerden? Oder versuchten ein paar Kriminelle, aus der besonderen Neigung eines Alphatiers zum Sex Geld zu machen, und dieser Versuch bekam eine Eigendynamik? Wurden die Vorwürfe, die das Zimmermädchen aus Guinea gegen Strauss-Kahn erhob, womöglich von interessierten Kreisen instrumentalisiert und aufgebauscht? Bin gespannt, was sich da noch ergeben wird. Doch selbst wenn sich ein Komplott abzeichnen sollte – wer alles wirklich dahinter steckt, werden wir wohl leider, wie so oft, nie erfahren.

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