Montag, 22. August 2016

Gerichtsshow vor Gericht

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Gerichtsshow vor Gericht

Es ist schon einige Jahre her. Auf dem »Pornfilmfestival« im Berliner Kino »Movimento« stellte ein Regisseur sein Filmprojekt zum Thema »Transgender« vor. Ich kann mich nicht mehr an Details erinnern, oder um was es dabei genau ging, doch das spielt hier an dieser Stelle keine Rolle. Im Publikum saßen einige junge Männer, Feministen, die sich nun darüber ereiferten, wie der Regisseur die Hauptperson seines Films dargestellt habe.

Das sei pure Diskriminierung, eine gnadenlose Bloßstellung und Missbrauch eines Opfers, musste sich der verdutzte Regisseur anhören. Als er dann endlich zu Wort kommen konnte, entgegnete er, alles, was im Film zu sehen und zu hören sei, sei bis ins Detail mit der Hauptperson abgesprochen gewesen, zudem hätte er von ihr auch das ausdrückliche Okay für den fertigen Film bekommen.

Das interessierte die jungen Aktivisten überhaupt nicht. Dies sei übelste Diskriminierung, beharrten sie. Nach etwas Kurzem, Heftigem, das Diskussion zu nennen sich wohl verbietet standen sie alle auf und verließen demonstrativ den Saal. Fakten interessierten sie offensichtlich nicht, wenn sie nicht in ihr Bild passten.

Nun haben wir so etwas Ähnliches als Medienspektakel, quasi »in Groß«. Gina-Lisa Lohfink, mit ihrer Art aufzutreten und sich zu stylen so etwas wie der Prototyp heutiger Weiblichkeit, beschuldigte zwei Männer, mit denen sie vor Jahren Sex hatte der Vergewaltigung. Das Ganze löste bei mir sofort den Gedanken aus: Da haben sich die drei Richtigen zusammengefunden. Die beiden Männer filmten die »Action« mit ihren Handys – was erst mal nichts so Besonderes ist. Doch dann stellten sie Teile dieser Videos ins Netz, offenbar ohne das Einverständnis von Lohfink.

Das finde ich fies, und auf eine Anzeige Lohfinks hin wurden beide deswegen angeklagt und verurteilt. Der eine hat eine hohe Geldstrafe bereits akzeptiert, der andere noch nicht. Doch was immer dahinter stecken mag – Lohfink ging einen Schritt weiter: Sie behauptete, sie sei von den beiden Männern vergewaltigt worden. Man habe ihr K.O.-Tropfen verabreicht und sie dann zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Dass sie in einem der Videos, die im Netz standen »Nein, hör auf!« sagt, sei der Beweis dafür.

Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte daraufhin die Handys der Beschuldigten und lud das gesamte dort verfügbare Videomaterial als Beweismittel herunter. Darin ist klar zu erkennen, dass sich der Ausspruch Lohfinks auf das Filmen bezog und nicht auf den Sex als Solchen. Auch die Behauptung, es seien K.O.-Tropfen im Spiel gewesen wurde durch einen Gutachter für Drogenwirkungen widerlegt: Es sei sehr unwahrscheinlich, dass Lohfink unter Einfluss solcher Tropfen gestanden hätte, meinte dieser.

Das Gericht verurteilte Lohfink daraufhin wegen falscher Beschuldigung heute zu einer Geldstrafe von insgesamt 20.000 Euro. Ob sie und ihre Anwälte in die Berufung gehen werden, ist noch offen.

Weswegen ich das alles schreibe? In beträchtlichen Teilen der Medien wird Lohfink als Opfer stilisiert – oder, anderes Extrem, verhöhnt. Für viele für Frauenrechte Engagierte ist sie jedoch inzwischen quasi das Aushängeschild der Kampagne »Nein heißt Nein!« geworden. Das Anliegen dieser Kampagne ist wichtig, sehr wichtig sogar. Doch sich gerade diesen Fall dafür auszusuchen, der in meinen Augen eher Schmierentheater ist, bei dem eine Gerichtsshow in der Art des privaten Fernsehens vor einem realen Gericht stattfindet?

Solch eine Herangehensweise diskreditiert diese wirklich wichtige politische Aktion. Doch mich beschleicht der blöde Verdacht, dass die allermeisten dies überhaupt nicht mehr beurteilen können.

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